Gruß aus Talmesch

Juli 2018, Talmesch, Siebenbürgen

Geehrte Leserinnen und Leser,

Prof. Paul Philippi  – Unvergessen!

Zu Allererst war ich zu Besuch bei unserem geliebten, mittlerweile verstorbenen Professor Paul Philippi, im Carl Wolff-Heim. Ich wusste von der Verschlechterung seines Zustandes und rechnete eigentlich nicht mehr mit dem Glück, ihn am Leben anzutreffen.

Es war für mich ein Segen, von ihm noch Abschied zu nehmen. Trotz fortgeschrittener Krankheit, hat er mich erkannt und Zeichen gegeben, dass er sich über meine Anwesenheit freut. Ich weiß nicht, ob ich in so einer Situation zustande wäre, solch eine Würde und Größe zu zeigen. Im Grunde war sein ganzes Leben so, ein Beweis, dass man durch Integrität und Warmherzigkeit den Menschen Mut machen kann, damit sie über ihre eigenen Grenzen hinaus wachsen.

Nun fühle ich mich einsam und traurig, da ich ihn nicht mehr hier habe, um zu ihm zu gehen und Kraft und Vertrauen zu tanken. Zwar weiß ich, dass es Zeit war ihn gehen zu lassen doch vermissen tue ich ihn trotzdem, umso mehr.

Lesen Sie dazu gerne den in der Hermannstädter Zeitung erschienenden Nachruf.

Von Talmesch nach Rothberg

 

In Sachen Kraft- und Inspiration-Tanken war ich auch in Rothberg unterwegs, wo ich Pfarrer Eginald Schlattner erfreulicherweise am Genesen vorfand.

Nach der zweiten Operation am gebrochenen Bein hat er immer noch große Schwierigkeiten, sich zu bewegen, aber er kämpft weiter, um seinen gewohnt aktiven Lebensstil zurück zu gewinnen. Der Sonntag vor zwei Tagen, 29. Juli, war laut seiner eigenen Rede ein besonderer Tag. Zum zweiten mal nach seiner zweiten Operation hielt er die Sonntagsmesse in der Kirche und freute sich über einen neuen Besucherrekord: 26 Gäste!

Er hielt, wie immer, die Predigt auf Rumänisch und die Liturgie auf Deutsch („denn der liebe Gott ist seit 800 Jahren, seitdem es die Kirche gibt, mit Deutsch gewöhnt“). Er verdeutlichte diesmal ein paar Unterscheide zwischen der östlichen und westlichen Kultur, gemessen an den Besonderheiten des orthodoxen, respektive katholischen und protestantischen Glaubens.

Zu unserer größten Freude, begleiteten Orgelklänge die Liturgie, dank des Einsatzes eines jungen Mannes aus Deutschland, Sohn einer rothberger Familie.

Als Symbol des einheitlichen christlichen Glaubens wählte er das Te Deum-Lied, welches als einziges Lied sowohl von den orthodoxen, wie auch von den anderen christlichen Gemeinschaften anerkannt und gesungen wird, da es noch aus der Zeit vor der Trennung der Glaubensrichtungen stammt.

Danach gingen wir alle, in gewohnter Manier zum Kaffee und Tee über, ins Pfarrhaus. Es war ein Genuss, so viele unterschiedlichen Menschen, aus mehreren Ländern um den markanten Herrn versammelt zu erleben.

Es gab Junge und Alte (ein zehnjähriger Junge aus Hermannstadt war auch dabei), Schweizer, Rumänen, einige aus Bukarest, Sachsen, Zigeuner und sogar eine Dame aus Italien. Dazu eine Menge Artisten (ein Drehbuchautor und Szenenbildner brachte ein paar eindrucksvolle Schauspielkolleginnen mit, ein Filmemacher und ein begnadeter Fotograf waren auch mit von der Partie).

Die Gespräche gingen über Stunden hinaus und berührten dermaßen viele Themen, dass ich praktisch einen ganzen Tag bräuchte, nur um sie anzudeuten, geschweige denn um sie ins Detail zu schildern. Vielleicht sollte ich das in einer stillen Stunde später mal machen…

Resumee

Auf jeden Fall, wie gesagt, war unsere Anwesenheit in Rothberg und Talmesch wie eine Reise in eine verwunschenen Welt. Allein die Tatsache, dass sich so viele Menschen mühten, an einem solch verregneten Tag hinzufahren (er regnete am Sonntagmorgen in Strömen, als wolle uns der Himmel auf Probe stellen, ähnlich wie es die arme Ana des Manole auf ihrem Weg zum Treffen mit ihrem Schicksal erleben musste) beeindruckte umso mehr. Dass am Ende des Gottesdienstes plötzlich die Sonne in aller Pracht schien und den Pfarrhof in einem warmen Licht tauchte, war dann wie ein Tüpfelchen aufs „i“.

TalmeschIch zum Beispiel kann mich an den Haustieren und Pflanzen nie sattschauen, die dort mit erstaunlicher Selbstverständlichkeit nebeneinander gedeihen, scheinbar ohne jegliche Extrasorge oder Betreuung zu brauchen.

Hühner, Enten, Hunde, Katzen, alles spaziert oder ruht in Harmonie mit sich selbst und mit den Anderen und nichts läuft weg, selbst wenn die Tore weit offen stehen. Als ob dort im Boden ein verborgener Magnet liege, der uns alle immer wieder heranzieht und festhält.

Ich schäme mich zu sagen, dass ich mal wieder die Stunde des Abschieds bis in den späten Nachmittag hinauszögerte und auch diesmal als letzte ging, nachdem unser betagter Gastgeber bereits deutliche Zeichen von Müdigkeit gab, aber gleichzeitig noch vieles zu besprechen hatte und selbst nur zu Ungern „Adieu“ sagen wollte. Hoffentlich finde ich ihn wieder in gleich guter Form beim nächsten Rumänienurlaub!

Nun noch ein paar Bilder, die sehr gut die Stimmung eingefangen haben, ich hoffe, sie gefallen.

Viele Grüße aus Talmesch!

Ihre
Gabriela


Einige Bilder: